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Zurück aus Sambia: Einblicke in die Tourismusberatung vor Ort



Vor wenigen Tagen kehrte co:compass-Partner Karsten Palme von einem Beratungseinsatz aus dem afrikanischen Sambia zurück. Wie schon im Februar (Tourismusberatung vor Ort in Sambia: Im Gespräch mit co:compass-Partner Karsten Palme) waren wir gespannt, wie sich die dortigen Projekte entwickelten und so nutzten wir die Gelegenheit einmal mehr, um mit Karsten über über seinen zurückliegenden Einsatz in Afrika zu sprechen.



Karsten, welche Ziele hatte Dein Beratungseinsatz in Sambia dieses Mal?


Diesmal ging es zum einen um die Einschätzung des touristischen Potenzials der Region um den Tanganyika-See im nördlich Sambia aus regionaler und internationaler Perspektive und zum anderen um die Erarbeitung der Grundlagen für eine nationale MICE-, also Tagungs- und Kongress-Strategie mit den wichtigsten Stakeholdern vor Ort.




Wie waren Deine Eindrücke am Tanganyika-See?


Der Tanganyika See verfügt über eine große Anzahl endemischer Fischarten, wunderschöne Sand- und Kiesstrände und alle Möglichkeiten für Wassersport. Aktuell ist die Situation so, dass die Region um Kasama, Mbala und Mpulungu kaum besucht wird, da die Anreise extrem beschwerlich ist. Man fliegt von Lusaka nach Mansa und fährt dann acht Stunden mit dem Auto in Richtung der tansanischen Grenze zum See. Derzeit werden aber zwei Flughäfen reaktiviert, sodass bald Flüge aus der Hauptstadt sowie von den Victoria Fällen angeboten werden können. Darauf wollen die Gemeinden und Unternehmen sowie die Provinzregierung natürlich vorbereitet sein.


Welche Attraktionen hast Du dir bei diesem Besuch näher angesehen?


  • Zunächst den Mwela Rock Art Park – und das heißt: Steinzeitliche Höhlenmalereien auf einer Fläche von 100 qkm, dort wurden über 1700 Gemälde und Gravuren freigelegt, die jetzt besuchbar sind. Aktuell ist der Park jedoch kaum erschlossen, die Gemälde werden nicht geschützt. Gemeinsam mit der National Heritage Conservation Commission (NHCC) versuchen wir, ein Projekt aufzusetzen, das es ermöglicht, einerseits die Stätte zu schützen und andererseits durch den Tourismus Einnahmen zu erzielen, die weitere Erforschung, Bewahrung und Entwicklung ermöglichen.

  • Dann die Chishimba Falls, diese Wasserfälle gehören zu den über zehn spektakulärsten Wasserfällen in Sambia (insgesamt gibt es weite über 50), die aber ebenso kaum touristisch erschlossen sind oder genutzt werden.

  • Ebenfalls besucht habe ich die Kalambo Falls, also den mit 240m zweithöchste Wasserfall Afrikas, in dessen unmittelbarer Nähe sich die erste nachgewiesene Feuerstelle der Menschheit befindet (300.000 Jahre alt). Diese Attraktionen liegen abgeschieden und sind – abgesehen von einer Lodge in der Nähe - kaum entwickelt.


Vor welchen Herausforderungen steht die Region Deiner Meinung nach?


Derzeit sind Forscher und Expats aus Lusaka sowie einige Tansanier die einzigen Touristen in der Region, und es gibt nur wenige Lodges und kleinere Hotels. Aber es existiert bereits ein sehr aktiver und professioneller Tourismusverband, die Tanganyika Abercorn Tourism Association (TATA), die von lokalen Unternehmern gegründet wurde und einiges an Entwicklungsarbeit leistet. Wir haben mit unzähligen Menschen vor Ort gesprochen und gemeinsam mit dem Verband Workshops zur touristischen Produktentwicklung durchgeführt. Ich fand es besonders spannend, dass die Stakeholder einen großen Wert auf eine behutsame und nachhaltige Erschliessung legen. Die Herausforderungen sind natürlich groß und reichen von fehlenden Finanzen, über unzureichend ausgebildete Fachkräfte hin zu mangelhafter Raumplanung und schlechter Infrastruktur. Daher haben wir Gespräche mit den regionalen Banken und dem Tourismusverband geführt, um touristische Start-Ups mit günstigen Krediten zu versorgen, haben Inhaber von Berufsschulen über das Potenzial des Tourismus informiert, mit Farmern und Lodge Inhabern gesprochen, um sicherzustellen, dass der Lebensmittelbedarf aus der Region gedeckt werden kann, und mit den Dorfbewohnern überlegt, welche Aktivitäten für Gäste spannend sein könnten, z.B. das gemeinsame, traditionelle Kochen, Handwerkskunst, Musikworkshops. Auch geführte Schnorcheltouren sind besonders spannend, denn die Unterwasserwelt des Sees ist weltweit einzigartig und das Wasser enorm klar.


Wie wird dieses Projekt in Sambia nun fortgesetzt?


Im Ergebnis entsteht nun eine regionale nachhaltige Entwicklungsstrategie, die wir online beratend und moderierend begleiten. Anfang nächsten Jahres werden wir dann mit unseren Partnern vor Ort weiterarbeiten.


Gab es Themen, die Dir besonders aufgefallen sind?


Im Workshop haben wir uns auch darüber unterhalten, dass Europäer meist eine etwas andere Wahrnehmung von Risken haben, als die Einheimischen – so nehmen Sambier die Existenz von Büffeln, Giftschlangen und Löwen, denen man auf einer Wanderung begegnen könnte oder Krokodilen und Nilpferden beim Schwimmen deutlich gelassener wahr, als Europäer. Hier müssen wir noch etwas an Sicherheitsaspekten und der Kommunikation arbeiten ...



Wie ging es dann in Sachen Tagungs- und Kongressstrategie weiter?


Zurück in Lusaka haben wir dann einen Workshop durchgeführt, um die Grundlagen für die nationale MICE-Strategie zu erarbeiten. Sehr spannend: Sambia hat ein riesiges Potenzial im MICEBereich, es wurde aber noch nie strategisch überlegt, wie man dieses auch konkret nutzen kann.

Wir haben also mit 40 Stakeholdern einen ganzen Tag erarbeitet, wohin es gehen soll. Dabei waren die CEOs der großen Hotelketten (Radisson, Marriott, Hilton, Southern Sun), aber auch spezialisierte Anbieter aus dem IT- und Technologiebereich sowie die Vertreter des Ministeriums und des nationalen Tourist Boards.

In mehreren Kleingruppen haben wir sehr intensiv an strategischen Optionen gearbeitet und uns vor allem mit Positionierung und Branding sowie mit Hybrid Meetings, Green Meetings und Eco-Incentives beschäftigt. Noch hat Sambia keinen Platz auf der MICE-Karte Afrikas – das wird sich aber ändern, wenn es uns gemeinsam gelingt, die Ergebnisse des Workshops in einer Strategie zun formulieren und diese dann auch umgesetzt wird.


Vielen Dank für diese Einblicke, Karsten!

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